Siedlungsgeschichte des nördlichen Harz-Vorlandes
Das Gebiet um den Harz ist einer der ältesten Verbreitungs- und Siedlungsräume schon von evolutionären Vorgängern des heutigen Menschen. In Bilzingsleben südlich des Harzes wurden Überreste und Werkzeuge des Homo Erectus (ca. 370.000 Jahre alt) gefunden. Erfahren Sie auf dieser Seite viel Wissenswertes und Belegbares über unsere Siedungsgeschichte.
Inhalte:
- Ur- und Frühgeschichte
- Völkerwanderung (1200 v.u.Z. - ca. 600 u.Z.)
- Frühmittelalter (spätes 6. Jahrhundert bis Anfang 10. Jahrhundert)
- Hochmittelalter (Anfang 10. Jahrhundert bis ca. 1250)
- Spätmittelalter (ca. 1250 bis ca. 1500)
- Frühe Neuzeit (Ende 15. Jh. bis Ende 18. Jh.)
- Industrialisierung (Anfang 19. Jh. bis Anfang 20. Jh.)
- Wirtschaftskrise und Weltkriege (Anfang 20. Jahrhundert bis 1945)
- Nachkriegszeit und DDR (1945-1989)
- Wiedererlangung der gesamtdeutschen Souveränität und heute (1989 bis heute)
- Landschaft
- Klima
- Böden
Ur- und Frühgeschichte
Das Gebiet um den Harz ist einer der ältesten Verbreitungs- und Siedlungsräume schon von evolutionären Vorgängern des heutigen Menschen. In Bilzingsleben südlich des Harzes wurden Überreste und Werkzeuge des Homo Erectus (ca. 370.000 Jahre alt) gefunden, die Schöninger Speere (nördlich des Harzes) als älteste bekannte Jagdwaffen der Welt sind ca. 270.000 bis 400.000 Jahre und Werkzeuge und Knochenfragmente des Neandertalers aus den Rübeländer Höhlen sind ca. 100.000 Jahre alt.
Funde aus der Jungsteinzeit (Neolithikum im nördlichen Mitteleuropa, ca. 5500 und 4000 v.u.Z.) belegen in der Region das Vorhandensein der mitteldeutschen Bandkeramischen (ca. 5500 v.u.Z.), Trichterbecher-(ca. 4200 bis 2800 v.u.Z.) und Schnurkeramikkultur (ca. 2800 bis 2200 v.u.Z.).
Völkerwanderung (1200 v.u.Z. - ca. 600 u.Z.)
Zur Zeit der Völkerwanderung lebten zwischen Elbe und Oder nordgermanische Stämme der Sachsen, Sueben, Lemonier, Rugier und Warnen.
Aus dieser Zeit stammen bedeutende und zahlreiche archäologische Funde im Regionalgebiet, z.B. die Hängeschale von Wegeleben (späte Bronzezeit, 9. Jh. v.u.Z..), Urnen der Hausurnenkultur bei Schwanebeck (frühe Eisenzeit ca. 720 - 480 v.u.Z.), der Schädelfund bei Hausneindorf (ca. 5000 bis 1800 Jahre alt) sowie das Körpergrab einer Frau aus dem 4.Jh. vom Hosikenberg bei Wedderstedt, um nur einige zu nennen. Die in den Grabbeigaben der vorgenannten Frau aus dem 4.Jh. gefundene Fibel findet sich im Wappen Wedderstedts wieder. Wedderstedt wurde vermutlich schon zur Zeit der Cherusker (um das Jahr 0) besiedelt.
Nach der Völkerwanderung siedelten die zum Großstamm der Thüringer zählende Warnen. Aus dieser Zeit (ca. 300 - 600 u.Z.) stammen Ortsnamen u.a. mit -stedt (Groß Quenstedt, Wedderstedt) oder -leben (Harsleben, Hedersleben, Wegeleben). Wegeleben ist wahrscheinlich seit dem 4. Jh. besiedelt. Um 500-1000 u.Z. datieren Orte mit der Namensendung "-dorf" (Rodersdorf, Deesdorf, Hausneindorf).
Für Hausneindorf wird die Gründung durch schwäbische Siedler um 575 - 580 angenommen.
Das heutige Gebiet der Verbandsgemeinde Vorharz war zunächst Bestandteil des Thüringerreiches, danach sächsisches Gebiet und nach den Sachsenkriegen Karls des Großen (772 bis etwa 804) endgültig fränkisch.
Frühmittelalter (spätes 6. Jahrhundert bis Anfang 10. Jahrhundert)
Durch Karl den Großen erfolgte die Christianisierung zwischen 750 und 780. Diese ging einher mit Unzufriedenheit und kriegerischen Auseinandersetzungen, da der heidnische Glaube noch viel Rückhalt in der Bevölkerung hatte.
So befand sich z.B. in Hedersleben ein heidnisches Heiligtum und im Gebiet unserer Gemeinden mehrere Thingplätze (Thie), z.B. in Harsleben, Schwanebeck und Groß Quenstedt.
Im Anschluss an die Christianisierung wurde 804 das Bistum Halberstadt gegründet. In diesem Zusammenhang kam es zum Bau von Kirchen, um 803 wahrscheinlich die St. Märtens Kapelle in Wegeleben nahe einer Heerstraße Karls des Großen, wo sie noch 1438 beim Siechenhof am Nordrand des Ortes bestand.
Ditfurt wird 810 im Heberegister des Bistums Fulda aufgeführt und 974 erstmals urkundlich erwähnt. Die Ursprünge des Ortsnamens Ditfurt gehen auf die Bezeichnung einer Furt als Bestandteil einer Heerstraße Karls des Großen (vermutlich der heutige Heerweg) zurück. Ludwig der Fromme, der Sohn Karls, ließ 820 eine kaiserliche Residenzburg mit Mauer und Graben im Bereich des heutigen Vorwerk in Ditfurt errichten.
Entscheidend für die Siedlungsgeschichte des nördlichen Harzvorlandes waren die Bode und ihre Zuflüsse, der Goldbach, die Selke und die Holtemme.
Die Wirkung der Bode auch als wichtige natürliche Bastion führte zur frühen Bedeutung des Landes, wie zum Beispiel während der Ungarn-Überfälle zur Zeit Heinrich I (919-936). So entstand die Ysimidiburg (920) im nördlichen Teil Schwanebecks.
In diese Zeit fällt auch die Gründung Heteborns im Jahre 936, vermutlich nach der Bezeichnung einer Quelle oder eines Brunnens benannt.
Als Reaktion auf die Einfälle der Ungarn sah die Burgenordnung von 926 den Bau von Fluchtburgen, deren Verproviantierung und Ausstattung sowie den Aufbau eines Reiterheeres vor.
Aus dieser Zeit stammt auch der Wehrturm in Wedderstedt.
Im Jahre 938 ist ein Ungarnlager an der Bode belegt. In diesem Jahr zerstörten die Ungarn die Burgen Adersleben, Wegeleben, Gröningen, Oschersleben.
Eine Burg in Hausneindorf wurde erstmals 948 erbaut.
Im Jahre 978 wurde Rodersdorf in einer Urkunde Kaisers Ottos II. genannt, Hedersleben ist 978 in einer Schenkungsurkunde Otto II. erwähnt und Adersleben wurde ebenfalls 978 erstmalig urkundlich erwähnt.
Hochmittelalter (Anfang 10. Jahrhundert bis ca. 1250)
Das Hochmittelalter war die Blütezeit des Rittertums und des römisch-deutschen Kaiserreichs, des Lehnswesens und des Minnesangs. Man kann diese Ära auch als Zeitalter der Wiedererstarkung Europas bezeichnen. Die Bevölkerung begann zu wachsen, Handwerk und Handel wurden gefördert und auch die Bildung war nun nicht länger ausschließlich ein Privileg des Klerus.
Im Jahre 1020 erhielt Wegeleben eine Ortsbefestigung. Der 2 m tiefe Schutzgraben wurde 1583 zugeschüttet und in Gärten umgewandelt. Die im 11. Jh. wiederaufgebaute Burg befand sich ca. 5km außerhalb Wegelebens.
Schwanebeck wurde 1062 erstmals urkundlich erwähnt.
Ab dem 12. Jahrhundert entstanden hunderte kleinerer und größerer neuer Siedlungen in ganz Europa, denen meistens bald das Stadt- oder Befestigungsrecht zuerkannt wurde. Stadtgründungen waren neben der Anlage von Burgen zum Schutz von Dörfern an strategisch wichtigen Punkten ein wichtiges Element des Territorialausbaues. Diese Burgen wurden bewohnt von niederem Adel. Um 1136 entstand Burg Witteke auf dem Warmholzberg in Groß Quenstedt, um 1140 wurde Burg Hausneindorf unter Heinrich dem Löwen errichtet.
Groß Quenstedt, Harsleben und Deesdorf sind im Jahre 1136 erstmals erwähnt. 1260 erfolgte die Gründung des Zisterzienserinnenklosters in Adersleben. Im 13. Jahrhundert wurde das Kastell der Domburg im Hakel bei Heteborn erbaut.
Spätmittelalter (ca. 1250 bis ca. 1500)
Das Spätmittelalter war die Zeit des aufsteigenden Bürgertums der Städte und der Geldwirtschaft, aber auch der "Herbst des Mittelalters" nach dem Scheitern der klassischen Kaiseridee. Ab etwa 1300 erlebte Europa eine Krisenzeit.
Die Pest verbreitete sich in Europa und kostete etwa zwischen einem Drittel und der Hälfte der europäischen Bevölkerung, v.a. in den Städten, das Leben. Die Entvölkerung führte zu Unruhen und einem Wandel der Sozialstrukturen, die das Rittertum zugunsten des Bürgertums schwächten und in der katholischen Kirche einige Reformbewegungen auslösten.
Dennoch befanden sich Kunst und Wissenschaften im Spätmittelalter im Aufbruch, auch die Wirtschaft erlebte trotz Pest eine Blüte. Die Hanse bewirkte durch den schwunghaften Handel eine weitere Besiedelung Nord- und vor allem Osteuropas durch hauptsächlich deutsche Kolonisten.
Um 1400 datiert die Errichtung Stadtmauer der Schwanebecks, das damals noch aus 2 Orten bestand: Schwanebeck innerhalb der Stadtmauer, Büblingen außerhalb.
Im 15. Jahrhundert hatte die Bode teilweise die Grenzfunktion zwischen den Bistümern Halberstadt im Süden und Magdeburg im Norden.
Frühe Neuzeit (Ende 15. Jh. bis Ende 18. Jh.)
Unter den Habsburgern kam das Kaisertum nach seinem Niedergang wieder zu Anerkennung.
Die 1495 durchgeführte umfassende Reichsreform sah einen Ewigen Landfrieden und eine reichsweite Steuer, den Gemeinen Pfennig, vor. Die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts war auf der einen Seite geprägt durch eine Verrechtlichung und damit einer weiteren Einigung des Reiches, auf der anderen Seite wirkte die durch die Reformation entstandene Glaubensspaltung.
Die konfessionellen Spannungen zwischen den Kleinstaaten nahmen derart zu, dass es zum Ausbruch des 30-jährigen Krieges (1618 - 1648) kam, der schwerwiegende Einflüsse in der Region hatte.
Im Jahre 1652 befand sich ein Heerlager Wallensteins längere Zeit in Halberstadt. Das Heer musste sich selbst erhalten, weshalb häufige Plünderungen die umliegenden Ortschaften heimsuchten. Die hieraus resultierende Armut hatte Seuchen zur Folge, die zu einer deutlichen Reduzierung Bevölkerung in der Mitte des 17. Jh. führten.
Seit dem Westfälischen Frieden von 1648 gehörten alle Gemeinden der jetzigen Verbandsgemeinde Vorharz zum preußischen Bezirk Magdeburg. Unter brandenburgisch-preußischer Herrschaft kam es zu Erholung und Aufschwung.
Groß Quenstedt erhielt eine Ortsbefestigung mit 3 Toren.
Haupterwerbsquellen in der Region waren Ackerbau, Fischerei und Leineweberei. Neben Getreide und Flachs wurden weißer Kohl und anderes Gemüse angebaut.
Industrialisierung (Anfang 19. Jh. bis Anfang 20. Jh.)
Nach Beendigung der napoleonischen Kriege (1799-1815), die auch das Vorharzgebiet verheerten, wurde von den Siegermächten der Wiener Kongress (1814-15) einberufen, um die Ordnung Europas nach alten, vorrevolutionären Maßstäben wieder herzustellen.
Die Region gehörte nun wieder zu Preußen.
Hierauf begann das Zeitalter der Industrialisierung auch in Mitteldeutschland. Bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts einsetzendes stärkeres Bevölkerungswachstum verstärkte die Nachfrage nach Wirtschafts- und Gebrauchsgütern und vergrößerte das Arbeitskräftepotential.
Ende des 18. Jh. entstand durch Züchtung aus der Runkelrübe die Zuckerrübe. 1801 wurden die chemischen Grundlagen der industriellen Zuckerproduktion geschaffen. Diese Entwicklungen waren eine der Voraussetzungen für die Entstehung der Landwirtschaft heutiger Prägung.
Entscheidend war auch die Nutzung der Dampfkraft für die Maschinen in den Fabriken, bei der Eisenbahn, aber auch in der Landwirtschaft.
Eine rege Entwicklung setzte nun in der Region ein, die unterbrochen vom Gründerkrach 1873 zunächst bis zum Ersten Weltkrieg andauerte.
Im Jahre 1835 wurde die Zuckerfabrik Quedlinburg, 1836 die erste Zuckerfabrik in Halberstadt erbaut. Weitere Zuckerfabriken entstanden in Wegeleben (1846 auf dem Gelände der Domäne, 1873 in der Nähe der Bahnlinie) und in Hedersleben (1850).
Es entwickelten sich aber neben der Zuckerindustrie auch weitere Gewerbezweige.
Harsleben verfügte 1895 über eine Buchdruckerei und eine Mostrichfabrik (Mostrichmühle). In Schwanebeck wird 1887 das Zementwerk eröffnet. Zudem wurden in Wegeleben 1891 eine Malzfabrik und eine Brennerei errichtet. Im Jahr 1894 arbeiteten in Ditfurt eine Kalkbrennerei, eine Saftfabrik und eine Reifenschneiderei.
Neben industriellen Bauten entstanden auch Postämter und Schulen. Die Ortsbilder zeigen heute noch den Wohlstand der damals hier ansässigen Bauern, Handwerker, Gutsbesitzer und Industriellen.
Die Landwirtschaft wurde von großen Gütern geprägt.
Im Jahre 1843 wurde die Bahnstrecke Magdeburg - Halberstadt eröffnet, die auch durch Nienhagen und Groß Quenstedt führt. Mit dem Bau der Eisenbahnstrecke Halberstadt - Thale erhielt Wegeleben 1862 einen Bahnanschluss. 1864/65 wurde die Eisenbahnlinie Aschersleben-Halberstadt gebaut. 1878 entstand der Bahnhof Hedersleben / Wedderstedt. In Groß Quenstedt wurde 1884 eine Eisenbahnstation an der Reichsbahnstrecke Halberstadt - Magdeburg angelegt. Im Jahre 1890 nahm die Eisenbahnstrecke Nienhagen - Jerxheim den Betrieb auf. Im Jahre 1894 verfügte Ditfurt über einen Bahnhof an der Linie Wegeleben-Thale.
Auch die Art der Bodennutzung und Bodenkultur änderten sich. Um 1850 begann mit der Einführung des Wanzleber Pflugs (Tiefkulturpflug) und der Drillmaschine die Mechanisierung der Landwirtschaft, vor allem des Zuckerrübenanbaus. Zudem entstanden Lohnpflüge-Firmen, die mit Dampfpflügen von Ort zu Ort zogen und gegen Bezahlung pflügten.
Die Firma Andreas Heucke in Hausneindorf begann 1870 mit zwei Fowlerschen Dampfpflugsätzen und besaß 1889 schon neun. Von 1884 bis 1946 stellte Heucke im Nachbarort Gatersleben sogar selbst Dampfpflüge her. In Gatersleben wurden noch bis 2014 Maschinen (Walzen, Verdichtungsgeräte, Land- und Baumaschinen) hergestellt.
Der Einzug der Industrialisierung der Landwirtschaft spiegelte sich durch weitläufige Nutzflächen und Anlage dampfpfluggerechter Wege. Auch diese Wege wurden später durch Einsatz noch effektiverer Geräte nicht mehr benötigt und umgepflügt. Die fortwährende Ausräumung der Landschaft hielt, besonders durch rigorose Nutzung der hier vorhandenen guten Böden, bis in die heutige Zeit an. Die Waldflächen z.B. des Huy wurden so immer weiter zurückgedrängt.
Wirtschaftskrise und Weltkriege (Anfang 20. Jahrhundert bis 1945)
Deutschland verfügte 1914 über das weltweit höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Nach den USA war Deutschland die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, führend vor allem im Maschinenbau, in der Automobilindustrie und in der chemischen Industrie.
Allerdings nahmen auch die sozialen Ungleichheiten zu, vor allem in den Jahren seit 1912 kam es zu einer Hungerkrise mit Missernten und Lebensmittelknappheit.
Nach einer relativ friedlichen Epoche eskalierten 1914 die Rivalitäten der europäischen Mächte zum Ersten Weltkrieg, der 1918 mit einer Niederlage Deutschlands und seiner Verbündeten endete. Er forderte auch im nördlichen Vorharz viele Opfer, von denen die in den Ortschaften errichteten Kriegerdenkmäler künden.
1919 wurden Regelungen über den Anbauzwang und Lieferungen von Vieh erlassen.
Der Versailler Friedensvertrag vom 28.6.1919 bürdete Deutschland schwere Lasten auf und trug den Keim neuer Kriege in sich.
Nach Einführung einer stabilen Währung setzte eine Scheinkonjunktur ein.
Am 15.12.1919 und am 6.6.1920 fanden die ersten Wahlen statt, die eine sozialdemokratische Mehrheit an die Regierung brachten.
1922 schloss die Zuckerfabrik Hedersleben aufgrund des Konkurrenzdruckes.
Ab 1929 wurden Hochspannungsleitungen verlegt, im selben Jahr kam es zur Weltwirtschaftskrise mit hoher Arbeitslosigkeit und Inflation.
Die Nachwirkungen der Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit führten im Jahre 1933 zur Machtergreifung der Hitler-Faschisten. Und die deutschen Eliten taten ihren Anteil daran, das Deutschland von einem Terror Regime in die Barbarei gestürzt wurde. Gerade die Eliten erhofften sich ein Stück von dem Kuchen der deutschen Eroberungspolitik abzubekommen und profitierten von der Kriegswirtschaft.
1939 wurde der 2. Weltkrieg entfacht, der 1945 in den Zusammenbruch des faschistischen Deutschlands und nach Besatzung durch die Siegermächte in der deutschen Teilung mündete. Mit dem Verlust der Seelower Höhen wurde der Weg der Roten Armee nach Berlin frei und die größte Schlacht, die je auf deutschem Boden geschlagen wurde, fand somit unter entsetzlichem Leid ihr Ende.
Auch in diesem Kriege haben viele Menschen aus dem nördlichen Harz-Vorland ihr Leben und ihre Gesundheit gelassen. Hierbei muss an die besonderen Kriegseinwirkungen des Flächenbombardements auf Halberstadt am 8. April 1945 durch Anglo-Amerikanischem Militär hingewiesen werden. Die Bevölkerung musste den Bombenterror und Angriffe durch Tiefflieger erleben. Die Faschisten überließen der Bevölkerung die Spuren ihrer Schreckensherrschaft, die heute in der KZ-Gedenkstätte Langenstein mit der Untertage-Anlage Malachit zu besichtigen ist. Nachweislich fanden 4500 Menschen aus vielen europäischen Ländern hier einen grausamen Tod.
Zunächst besetzten englische und amerikanische Truppen die Region. Gemäß der Absprachen der Siegermächte von 1944 / 45 kam das Gebiet in die Sowjetische Besatzungszone. Mit dem Rückzug der Amerikaner und Engländer gingen aber auch viele Menschen in die westlichen Besatzungszonen.
Nachkriegszeit und DDR (1945-1989)
Durch den Zustrom von Flüchtlingen stieg die Bevölkerungszahl stark an.
Nach 1945 entstanden durch die Bodenreform Kleinbauernbetriebe und im Zuge dessen Siedlungshäuser an den Ortsrändern.
Im Jahre 1946 wurde die Zuckerfabrik Wegeleben als Kriegsentschädigung für die UdSSR demontiert. 1947 wurde der Betonbau Ostharz in Wegeleben gegründet, der sich als Leitbetrieb für Betonwaren in der DDR entwickelte. Der Wiederaufbau setzte ein.
Am 7. Oktober 1949 wurde die DDR gegründet. Im Jahre 1952 begann die Vergenossenschaftlichung der Landwirtschaft. Die Großraumbewirtschaftung und Trennung von Tier- und Pflanzenproduktion hatten auch auf Orts- und Landschaftsbild Auswirkungen.
Großflächige Wirtschaftsbauten entstanden an den Ortsrändern. Dies führte zu ungenutzten Gebäuden im Innenbereich des Ortes; vor allem bei den ortsbildprägenden alten Gutshöfen und Herrenhäusern, von denen einige leider dem Verfall preisgegeben wurden.
In den Ortschaften entstanden aber auch neue Schulen, Kindergärten, Verwaltungs- und Wohnbauten.
Wiedererlangung der gesamtdeutschen Souveränität und heute (1989 bis heute)
Durch Privatisierungen und Umstrukturierungen in Wirtschaft, Infrastruktur und Landwirtschaft nach dem Zusammenbruch der DDR 1989 und der Wiedervereinigung 1991 kam es zu Existenzaufgaben und Stilllegungen.
Es schlossen z.B. 1990 in Wegeleben die Betonbau Ostharz, 1992 das Zementwerk in Schwanebeck und 1996 die Papierfabrik südöstlich von Rodersdorf.
Im Jahr 2001 wurde die Bahnstrecke Nienhagen-Dedeleben-Jerxheim durch das Eisenbahnbundesamt stillgelegt.
Neue Leerstände bei Gewerbe- und landwirtschaftlichen Bauten entstanden. Teilweise wurden diese Gebäude neu genutzt (Verpackung und Etikettierung im Ortskern Rodersdorf), teilweise auch abgebrochen (Zementfabrik Schwanebeck), teilweise stehen sie bis heute leer. Die Landwirtschaft ist heute geprägt von den Agrargenossenschaften, die aus den ehemaligen LPGs hervorgingen und deren große Flächen bewirtschaften, aber auch von selbstständigen Landwirten.
Auch neue Betriebe siedelten sich an oder wurden gegründet, wie z.B. zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte oder im Jahre 1992 das Großklärwerk in Adersleben. Zudem entstanden auch größere Gewerbeansiedlungen, z.B. Logistik-Unternehmen südlich Schwanebeck und gemischte Gewerbegebiete westlich Harsleben.
Des weiteren wurde die in der Region beheimatete Tradition der Saatzucht und Pflanzenforschung u.a. mit dem Zentrum für Gartenbau und Technik (Quedlinburg - Ditfurt) fortgeführt.
Auch viele kleinere Betriebe des Handwerks- und Dienstleistungssektors wurden gegründet und prägen die Orte vor allem in den Ortskernen.
Reitsport und -hobby sowie Tierhaltung fanden ebenfalls eine neue Heimat an alten Standorten.
Im Jahre 1993 nahm in Wegeleben das Kieswerk "Bodetal" seinen Betrieb auf. Der Kiesabbau stellt ein landschaftsprägendes Element in der Verbandsgemeinde Vorharz dar und wird entlang der Bode von Ditfurt bis nördlich Wegeleben sowie südlich der Holtemme bei Groß Quenstedt betrieben. Hier haben sich im Zuge des Tagebaus große Wasserflächen herausgebildet, die nach Auskiesung teilweise von der Bevölkerung auch angrenzender Gemeinden zur Erholung und zum Baden genutzt werden, so z.B. die Kiesseen bei Ditfurt und Wegeleben.
Der Mitte der 60er Jahre einsetzende demografische Wandel (Pillenknick) und Abwanderungen nach der Wende 1989 führten u.a. zum heute spürbaren Bevölkerungsrückgang und zur Überalterung. Daraus resultieren in großem Maße die Leerstände bei Wohnbauten in den Ortslagen.
Ende des 20. / Anfang des 21. Jahrhunderts entfaltete sich aber auch weitere Siedlungstätigkeit. Meist entstanden freistehende Einfamilienhäuser. Es wuchsen in allen Ortschaften Wohngebiete an den Ortsrändern in stark unterschiedlicher Größe, aber auch in den Ortslagen wurden Neubauten errichtet und Gebäude umgenutzt.
Am 1. Januar 2010 wurde die Verbandsgemeinde Vorharz gegründet. Die Verbandsgemeinde übernahm bei ihrer Gründung die Verwaltungsaufgaben der zeitgleich aufgelösten Verwaltungsgemeinschaft Bode-Holtemme und der Verwaltungsgemeinschaft Ballenstedt/Bode-Selke-Aue, soweit es bei letzterer die Gemeinden Ditfurt, Hausneindorf, Hedersleben, Heteborn und Wedderstedt betraf, zudem einige Aufgaben, die bisher bei den Mitgliedsgemeinden lagen.
Noch am Tag der Bildung der Verbandsgemeinde kam es zur Eingemeindung der Gemeinde Nienhagen in die Stadt Schwanebeck, zum Zusammenschluss der Gemeinden Hausneindorf und Wedderstedt zur neuen Gemeinde Selke-Aue und zur Eingemeindung der Gemeinde Heteborn in die Gemeinde Selke-Aue.
Das Gebiet der Verbandgemeinde liegt im Landschaftsraum Hügelland, Schichtstufenland und Mittelgebirgsvorland" und erstreckt sich über die Gebietseinheiten Nördliches Harzvorland" und Nordöstliches Harzvorland. Das Harzvorland vermittelt zwischen dem im Süden angrenzenden Harzgebirge und der nördlich angrenzenden Altmark-Niederung. Die Übergänge zu den angrenzenden naturräumlichen Einheiten sind deutlich ausgebildet.
Nach Nordwesten wird das Harzvorland zur Magdeburger Börde hin durch die linienförmige Zäsur der Niederung des Großen Bruch in Verlängerung der Bodeniederung eingegrenzt. Der Nordrand des Harzes ist gegenüber dem Vorland ebenso scharf ausgebildet.
Die Region stellt eine überwiegend landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft dar. Es handelt sich um eine großräumige, leicht wellige Agrarlandschaft mit offenen, bördeartigen Ackerflächen. Das Bild der Landschaft wird vom Tal der Bode und von den Niederungen der Selke und Holtemme und den umliegenden sanften Hügeln bestimmt.
An den Ortsrändern gelegene Gärten und Gehölze, die entlang der Fließgewässer teilweise in innerörtlichen Grünflächen übergehen, bilden den Übergang zwischen Siedlung und Landschaft. Diese Grünstrukturen werden weitergeführt durch lückenhafte alte Apfel- und Süßkirschenreihen, teilweise mit Hecken und Gräsern bewachsene Feldraine.
Westlich Schwanebecks laufen die Ausläufer des Huy fast bis in die Ortslage hinein. Aufgrund der geologischen Verhältnisse umschließt eine Trockenrasenflora den gesamten Höhenzug und reicht bis ins Gemeindegebiet Schwanebecks.
Östlich Wegelebens erhebt sich der Speckberg auf 192,5m ü. NN.
Im Südosten dominiert mit dem Hakel, einem alten Staatsforst / Heteborner Forst ein großräumiges bewaldetes Gebiet mit der Domburg (241 m ü.NN) als höchste Erhebung.
Sanfte Höhen (150 m ü.NN), wie sie z.B. das Tal der Sülze begleiten, dem Bach, der oberhalb Ditfurts den Mühlgraben erreicht, geben der Landschaft ein unverwechselbares und abwechslungsreiches Aussehen.
Südwestlich Harslebens erheben sich angrenzend an die Klusberge die Ausläufer der Harslebener Vorberge (168 m ü. NN) mit dem Hammelsberg (176 m ü.NN) und dem Katzenberg (173 m ü.NN). Dieser Hügelrücken findet südöstlich seine Fortsetzung mit Langenberg (182 m ü.NN) und Würzberg (192 m o.NN).
An der südwestlichen Grenze des Verwaltungsgebietes steigt der bewaldete Höhenzug der Harslebener Hinterberge in südöstlicher Verlängerung bis zum Thekenberg auf rd. 175 m ü.NN an. Hierzu zählt auch der Große Thekenberg (203 m ü.NN).
Das Nordharzer Vorland gehört zum Klimagebiet "Börde und mitteldeutsches Binnenlandklima" im nördlichen Harzvorland.
Die Durchschnittswerte der Temperatur auf der Linie Braunschweig-Magdeburg liegen bei einheitlich 8,7°C bis 8,8°C.
Im nördlichen Harzvorland sinkt die relativ geringe Niederschlagsmenge von 600mm im Westen (Braunschweig, Einbeck) auf unter 500mm im Osten (Magdeburg) ab. Die Ursache des für das West-Ost Gefälle ist die zunehmenden Entfernung vom Atlantik. Der deutsche mittlere Jahresertrag beträgt 800 mm/Jahr.
Die Auswehungen der vom Eis zurückgelassenen Schotterebenen in Norddeutschland brachten dem nördlichen Harzvorland in weiten Teilen eine Lößbedeckung.
Zusammen mit dem Prozess der Bodenbildung entstanden unter günstigen Bedingungen fruchtbare schwarzerdeartige Böden.
Alle Dörfer sind alte Ansiedlungen inmitten dieser fruchtbaren Lößböden zwischen dem nördlichen Harzvorland und der Magdeburger Börde.
Dieser Bodentyp ist schließlich der Grund für die von jeher stark ausgeprägte landwirtschaftliche Struktur im Gebiet der Verbandsgemeinde.
An den Hanglagen (Harslebener Vorberge, Heidberg, Hakel, Huy) sind unterschiedliche Bodenarten, wie sandiger Lehm, Glei und zum Teil extreme Tonböden, feststellbar.
Entlang der Flussläufe von Bode, Selke und Holtemme finden sich oberflächig bindige Lockergesteine (Auelehm und -ton) über Kiessandaufschüttungen.
Die Sande und Kiessande werden bzw. wurden in den Gemarkungen Groß Quenstedt, Wegeleben, Rodersdorf, Ditfurt und Wedderstedt im Tagebau abgebaut.